Blutwurz (Potentilla erecta)

Blutwurz; Potentilla erecta
Bild: © emer – Fotolia.com

Die kleine Blutwurz-Pflanze kann auf eine bewegte Geschichte innerhalb der Heilkunde zurückblicken. Sie wurde bereits von Hippokrates im Altertum genutzt. Für die germanischen Stämme war sie die Gerbstoffdroge Nr. 1, wenn es darum ging Blutungen zu stillen oder Durchfall zu bekämpfen.

Mit der Entdeckung Amerikas geriet der Blutwurz jedoch in Vergessenheit, weil es Mode geworden war die aus Südamerika stammende Ratanhia-Wurzel zu verwenden. Das viel Gutes vor der eigenen Haustür wächst und man nicht extra in die Ferne schweifen muss, daran erinnerte man sich erst zu Zeiten des ersten Weltkrieges. Als durch Versorgungsengpässe keine Ratanhia-Wurzel zur Wundversorgung erhältlich war, griff man wieder zum guten alten Blutwurz. Was Jahrtausende lang seinen unverzichtbaren Beitrag zur Heilung leistete, fand nun auch Erwähnung in den deutschen Arzneibüchern. 

Synonyme:
  • Tormentill, Tarpentill, Aufrechtes Fingerkraut, Bauchwehkraut, Bauchwehwurz, Birkwurz, Christuskrone, Fingerkraut, Mooreckel, Rotwurz, Ruhrwurz, Roter Günsel)
  • Fragaria tormentilla, Potentilla tormentilla, P. officinalis, P. tetrapedala, Tormentilla erecta, T. officinalis)
Pflanzenfamilie:

  • Rosengewächse (Rosaceae)
Bezeichnung des
Arzneimittels:
  • Tormentillae rhizoma (Tormentillwurzelstock)
Anwendung:
  • Durchfallerkrankungen (akute und unspezifische) [1]
  • Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut [1]
  • Hämorrhoiden*
  • Magenbeschwerden*
  • Verbrennungen*
  • Wundheilung*
Wirkung:
  • Adstringierend (Zusammenziehend) [1] [5]
  • Antiallergisch**
  • Antimikrobiell [6]
  • Antioxidativ**
  • Antiviral [4]
  • Blutdrucksenkend (antihypertensiv)**
  • Durchfallhemmend (antidiarrhoisch) [5]
  • Entzündungshemmend (antiinflammatorisch) [2]
  • Hämostyptisch (stillt Blutungen)**
  • Immunstimulierend**
  • Interferonproduzierende Wirkung [7]
  • Schwermetall-Bindend**
  • Vasokonstriktorisch [5]¹
    ¹ Die Wirkung geht auf die im Blutwurz enthaltenen Gerbstoffe zurück. Die Vasokonstriktorwirkung betrifft die kleinen oberflächlichen Gefäße. Dadurch wird die Absorption von Fluiden aus dem Darm reduziert und die Aufnahme von Toxinen behindert.
Inhaltsstoffe:
  • Gerbstoffe (17 - 22 %), u.a. Tannine und Ellagitannine
  • Phlobaphene (verantwortlich für die Rotfärbung der Wurzel)
  • Flavonoide
  • Procyanidine
  • Phenolcarbonsäuren
  • Triterpene (Tormentosid)
  • Fettsäuren
Dosierung:
  • 4 - 6 g Droge
Gegenanzeigen
  • Keine bekannt
Nebenwirkungen
  • Bei empfindlichen Patienten Magenbeschwerden bis hin zu Erbrechen
Wechselwirkungen
  • Keine bekannt

*Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

Für Blutwurz/ -zubereitungen wurde eine Wirkung wissenschaftlich bisher erwiesen gegen:
  • Escherichia coli [6]
  • Herpes simplex-Virus, Typ 1 [4]
  • Shigella boydii [6]
  • Shigella flexneri [6]
  • Shigella sonnei [6]
  • Staphylococcus aureus [6]
  • Streptococcus faecalis [6]
  • Pasteurella pseudotuberculosis [6]
  • Proteus vulgaris [6]
  • Pseudomonas aeruginosa [6]

Beispiele für Präparate, in denen Blutwurz vorkommt:

  •  Keine bekannt

Blutwurz selber sammeln: 

Sammelorte:
  • Mischwälder
  • Heiden und Magerwiesen
  • Niedermoore mit mäßig sauren Böden
  • Sammelzeit:
  • März - April und September - November
  • Sammelgut:
  • Wurzelstock
  • Interessantes über Blutwurz:

    Wie viele andere Pflanzen, so wurde auch Blutwurz früher gern als Schutz- und Zauberpflanze benutzt und dem entsprechend Planeten, Sternzeichen und Göttern zugeordnet:

    Planet:
    • Sonne, Mars
    Element:
    • Feuer
    Götter/ Magische Kraft bei alten Kulturen:
    • Thor, Donar
    • Blutwurz galt als ausgesprochene Schutzpflanze, besonders gegen Verzauberung. Ein an Christi Himmelfahrt geernteter Blutwurz soll gegen Schadzauber und angehexte Krankheiten helfen. Dazu soll der Blutwurz an det Schlafzimmertür aufgehängt werde.

    Beispiele für eigene Zubereitungen:

    Tee oder Kaffee
    Bild: © Kanea – Fotolia.com

    Klassischer Tee bei Durchfall (Diarrhöe) und Dünndarm-Entzündung (Enteritis)

    • 1 TL zerkleinerte und im Mörser angestoßene Blutwurz-Wurzel  mit 200 ml Wasser kalt ansetzen und 8 Stunden ziehen lassen; dann abgießen und den Teerückstand mit weiteren 200 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen und beide Aufgüsse mischen und tagsüber trinken

    JG Tee-Mischung bei Durchfall und Darmbluten

    Zutaten:Einsatz bei:
    • Darmbluten
    • Durchfall
    Zubereitung:
    1. 1 TL der Mischung mit 250 ml heißem Wasser übergießen
    2. Zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen; abgießen
    Einnahme
    • Bei Bedarf über den Tag verteilt 3 - 4 Tassen trinken
    • Bei Darmblutungen: Tee als Einlauf verwenden

    JG-Teemischung No 1 bei Magengeschwür (Ulcus ventriculi) und Darmreizung

    Zutaten:Einsatz bei:
    • Magengeschwür (Ulcus ventriculi)
    • Darmreizung
    Zubereitung:
    1. ½ TL der Mischung mit 200 ml kochendem Wasser übergießen
    2. 5 Minuten bedeckt ziehen lassen; abseihen
    Einnahme
    • 3 x tgl. je eine Tasse trinken

    Blutwurz-Tinktur

    Florasole
    Bild: © Schlierner – Fotolia.com

    Klassische Blutwurz-Tinktur

    • Frische Blutwurz-Wurzel zerkleinern, in ein verschließbares Gefäß geben und soweit mit Doppelkorn oder Weingeist auffüllen, bis alle Teile bedeckt sind; Ansatz 2 – 6 Wochen ziehen lassen und ab und an schütteln; dann abseihen und die fertige Tinktur in dunkle Fläschchen abfüllen

    Diese Tinktur kann ersatzweise für den Tee eingenommen werden, z.B. wenn man unterwegs ist. Bei Bedarf 10 – 50 Tropfen in etwas Wasser einnehmen oder für Wundauflagen benutzen. Auch für Mundspülungen und zum Einpinseln bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum oder Beschwerden mit dem Zahnfleisch kann die Tinktur verwendet werden.

    Klassischer Blutwurz-Wein

    • 2 handvoll frische Blutwurz-Wurzel (klein geschnitten)
    • 1 L Rotwein

    Den Blutwurz  in den Rotwein geben und  3 Wochen ziehen lassen. Dann abseihen und als sanfte 4-wöchige Darmkur täglich 1 Glas Blutwurz-Wein trinken. 

     

    [1] Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 5.5.1988., Heftnummer: 85., ATC-Code: A07XA.
    Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
    buecher.heilpflanzen-welt/BGA-Kommission-E-Monographien/tormentillae-rhizoma-tormentillwurzelstock.htm

    [2] Hoffmann J. et al: Anti-Inflammatory Effects of Agrimoniin-Enriched Fractions of Potentilla erecta.; Molecules. 2016 Jun 18;21(6). pii: E792.
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27322232

    [3] Assessment report on Potentilla erecta (L.) Raeusch., rhizoma; European Medicines Agency, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 2010
    www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2011/03/WC500103670.pdf

    [4] May, G., Willuhn, G.: Antivirale Wirkung wässriger Pflanzenextrakte in Gewebekulturen; Arzneim.-Forsch./Drug Res. 28 (1978) 1-7.

    [5] Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer medizin Verlag Heidelberg 2007

    [6] (Pourrat et al. 1963 cited in Blaschek et al. 2008) cited in Assessment report on Potentilla erecta (L.) Raeusch., rhizoma; European Medicines Agency, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 2010
    www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2011/03/WC500103670.pdf

    [7] Lund, K.; Rimpler, H.: Tormentillwurzel. Isolierung eines Ellagitannins und pharmakolo- gisches Screening. Deutsch. Apoihcker Zeit. 125:105 (1985) cited in Assessment report on Potentilla erecta (L.) Raeusch., rhizoma; European Medicines Agency, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 2010
    www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2011/03/WC500103670.pdf

    Recherche-Quellen:

    • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Zweiter Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
    • Magister Botanicus: Magisches Kreutherkompendium, Die Sanduhr, Fachverlag für altes Wissen, 2. überarbeitete und ergänzte Auflage 1995
    • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007

    Internetseiten:

    • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/potentilla-torm.html
    • https://de.wikipedia.org/wiki/Blutwurz

     

    Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

    Atlaspraxis Flick Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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