Ackergauchheil (Anagallis arvensis) †

Ackergauchheil NEU

Ackergauchheil wird seit Jahrhunderten als Heilpflanze genutzt. Hippokrates nutzen ihn zu Pulver gemahlen als Mittel gegen bösartige Geschwüre. Auch bei Dioskurides, Galenus und Plinius findet er Erwähnung. Dem deutschen Namen Gauchheil ist zu entnehmen, dass die Pflanze zur „Gauch-Heilung“ genutzt wurde. Unter Gauch verstand man in früherer Zeit Geisteskrankheiten (Gauch = Tor, Narr). Darunter konnte von Tollwut bis zu den Spätsymptomen einer Syphilis alles gemeint sein. Tatsächlich hat die Pflanze eine antivirale Wirkung, allerdings eher gehen Herpes-simplex- und Polioviren. Da die enthaltenen Saponine toxisch wirken können, ist Ackergauchheil aber kein Kraut für Anfänger oder Selbstversuche.

Synonyme:
  • Bluetströpfli, Corallenblümchen, Faule Magd, Faules Liesl, Gänskritche, Gauchheil, Gewitterblume, Grundheil, Heil aller Welt, Hühneraug, Hühnermyrthe, Kopfwehkraut, Nebelpflanze, Neunerle, Rote Miere, Roter Gaucheil, Roter Hühnerdarm, Rotes Grundheil, Sperlingskraut, Vernunft-und-Verstand, Weinbergstern, Wetterblume, Wetterkraut, Wutkraut, Zeisigkraut
  • Anagallis parviflora, A. phoenicera, A. platyphylla
Pflanzenfamilie:
  • Primelgewächse (Primulaceae)
Bezeichnung des Arzneimittels:
  • Anagallidis herba (Gauchheilkraut)
Anwendung:
  • Gelenkschmerzen*
  • Geschwüre*
  • Herpes simplex [2]
  • Lebererkrankungen*
  • Nasennebenhöhlenentzündung*
  • Nierenerkrankungen*
  • Nierensteine*
  • Warzen*
  • Wundheilung [1]
  • Zugsalbe (soll helfen Splitter aus der Haut zu ziehen)*
Wirkung:
  • Analgetisch, mild (schmerzlindernd)**
  • Antimikrobiell [1] [4]
  • Antimykotisch [1] [3] [4]
  • Antiviral [2]
  • Diuretisch, mild (Harntreibend)**
  • Entzündungshemmend (Antiphlogistisch) wg. COX-1 & -2-Hemmung als methanol. Extrakt! [1]
  • Hyperämisierend auf die Schleimhäute (durchblutungsfördernd)**
  • Östrogenartig (wegen hohem Gehalt an Triterpensaponinen)**
  • Uteruskontrahierend**
Inhaltsstoffe:
  • Triterpensaponine, u.a. Anagalloside A und B
  • Cucubitacine E, B, D, I, L und R
  • Flavonoide
  • Gerbstoffe
Dosierung:
  • Keine standardisierte Angabe
Gegenanzeigen:
  • Primelallergie
  • Kinder unter 12 Jahre
  • Schwangerschaft
  • Stillzeit
Nebenwirkungen:
  • Die enthaltenen Triterpensaponine wirken in größrerer Dosis giftig und können zu Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Darmentzündung und Nierenschädigung führen.
  • Bei empfindlichen Personen kann es bei Hautkontakt mit Ackergauchheil zu allergische Reaktionen kommen
  • Das ätherische Öl verursacht gelegentlich Kopfschmerzen und Übelkeit.
Wechselwirkungen:
  • Keine bekannt

* Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

    Für Ackergauchheil wurde eine Wirkung wissenschaftlich bisher erwiesen gegen:
  • Aspergillus fumigatus [4]
  • Aspergillus niger [4]
  • Candida albicans [1]¹
  • E. coli [4]
  • Fusarium solani [4]
  • Herpes-Simplex-Typ 1 [2]²
  • Microsporum canis [3]
  • Poliovirus Typ 2 [2]²
  • Trichophyton mentagrophytes [3]
  • Trichophyton violaceum [3]

¹ Bei methanolischem Extrakt (MIC=0.31 mg/ml)
² Wirkung gehr auf die Saponine zurück und ist nicht viruzid, sondern könnte eine Inhibierung der Virus-Wirtszell-Anheftung beinhalten. Einzelzyklus-Experimente zeigten, dass Saponin sowohl frühe als auch späte Ereignisse der Herpes-Virus-Replikation störte.

Beispiele für Präparate, in denen Ackergauchheil vorkommt:

Homöopathie
  • Derivatio Tabletten (mit Ackergauchheil in Potenz D4): Zur Generalentgiftung bei Amalgambelastung; zur Stärkung des Immunsystems; bei chronischen Schmerzzuständen, Pilzerkrankungen und Allergien

Ackergauchheil sammeln: 

Sammelorte:Weltweit
  • Äcker, Gärten und Weinberge
  • Schuttplätze
  • Ruderalstandorte
Sammelgut:
  • Kraut
Sammelzeit:
  • Juni - Oktober

Interessantes über Ackergauchheil:

  • Die zarten Blüten des Ackergauchheil reagieren schnell auf Veränderungen Luftdrucks. Die Bauern nutzen diese Eigenschaft der Pflanze, um  eine bevorstehende Wetterverschlechterung erkennen zu können. Daher wird die Pflanze gelegentlich auch Gewitterblume, Nebelpflanze oder Wetterkraut genannt.

Beispiele für eigene Zubereitungen:

Tee oder Kaffee
Bild: © Kanea – Fotolia.com

Klassischer Ackergauchheil-Aufguss bei Leber- und Nierenleiden

  • 1/2 TL der Droge mit 250 ml heißem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen; abseihen über den Tag verteilt trinken

Ackergauchheil-Frischsaft bei Warzen

  • Den frischen Ackergauchheil in der Kräuterpresse entsaften und pur oder mit Honig gemischt auf die zu behandelnde Hautstelle streichen und einwirken lassen; ggf. mehrmals täglich wiederholen.

Klassischer Ackergauchheil-Aufguss zur Wundbehandlung 

  • 1 EL der Droge mit 100 ml heißem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen; abseihen und auf Körpertemperatur abkühlen lassen;

Einsatz:

  • Geschwüre (Wickel)
  • Insektenstiche (Wickel)
  • Splitter (zum Einweichen
  • Wundwaschung

Homöopathische Ackergauchheil-Tropfen 

Wer ganz sicher sein möchte, dass er Ackergauchheil nicht zu hoch dosiert, sollte sie homöopathisch anwenden. Dazu geht man wie folgt vor:

  1. Destilliertes Wasser und reinen Alkohol zu gleichen Teilen mischen
  2. Je ein kleines Stück Ackergauchheil säubern und im Mörser zerkleinern (in der klassischen Homöopathie etwa 1 Stunde lang)
  3. Einen Teil des zerstoßenen Ackergauchheil in ein Fläschchen geben und 10 Teile des Wasser-Alkohol-Gemisch dazugeben (Das Fläschchen darf max zu 2/3 gefüllt sein)
  4. Fläschchen verschließen und 10 starke, nach unten gerichtete Schläge ausführen (Ruckartige Bewegung nach unten) = Potenz D1
  5. Von dem D1-Gemisch 10 Tropfen in eine andere Flasche geben und 100 Tropfen Wasser-Alkohol-Gemisch dazugeben
  6. Fläschchen verschießen und erneut 10 nach unten gerichtete Schläge ausführen = Potenz D2…
  7. Von dem D2-Gemisch 10 Tropfen in eine andere Flasche geben und 100 Tropfen Wasser-Alkohol-Gemisch dazugeben
  8. Fläschchen verschießen und erneut 10 nach unten gerichtete Schläge ausführen = Potenz D3…

Einsatz Potenz ab D3:

  • Harnröhrenentzündung
  • Hauausschläge, Ekzeme
  • Geschwüre
  • Leber-Gallenerkrankungen (Hepato-Cholecystopathien) mit Appetitmangel
  • Nervenleiden
  • Rheuma
  • Warzen

Einnahme: 1 – 3 x täglich 5 – 10 Tropfen

 

[1] López, Jäger, Akerreta, Cavero, Calvo, „Pharmacological properties of Anagallis arvensis L. („scarlet pimpernel“) and Anagallis foemina Mill. („blue pimpernel“) traditionally used as wound healing remedies in Navarra (Spain)“, J Ethnopharmacol. 2011 Apr 12;134(3):1014-7. doi: 10.1016/j.jep.2010.12.036. Epub 2011 Jan 13.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21237261 (abgerufen am 23.05.2014)

[2] M. Amoros, B. Fauconnier, R.-L. Girre, „In vitro antiviral activity of a saponin from Anagallis arvensis, Primulaceae, against herpes simplex virus and poliovirus.“ Antiviral Res. 1987 Aug;8(1):13-25.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2825589 (abgerufen am 23.05.2014)

[3] Ali Esmail Al-Snafi, „The chemical contents and pharmacological effects of Anagallis arvenses – a review“, International Journal of Pharmacy, 5(1), 2015, 37-41.
www.ijpjournal.org/File_Folder/37-41(ijphournal).pdf (abgerufen am 29.12.2016)

[4] Nosheen Akhtara, Ihsan-ul-Haqb, Bushra Mirzaa, „Phytochemical analysis and comprehensive evaluation of antimicrobial and antioxidant properties of 61 medicinal plant species“, Arabian Journal of Chemistry,Available online 25 February 2015
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1878535215000325 (abgerufen am 29.12.2016)

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Erster Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003

Internetseiten:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Acker-Gauchheil
  • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/anagallis.html

Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

Atlaspraxis Flick Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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