Fichte (Picea abies)

Die Fichte wurde in vielen Kulturen als Schutz- und Heilpflanze verehrt. Die mystische Verbindung zu diesem Baum saß so tief, dass wir bis heute in unseren Ritualen und in unserem Sprachschatz Anteile des alten Glaubens wiederfinden. Ein gutes Beispiel ist der Brauch, sich zum 24. Dezember einen Weihnachtsbaum im Haus aufzustellen, denn um diese Zeit herum wurde bei vielen indogermanischen Völkern die Wintersonnenwende (Jule) gefeiert. Wegen des Wiederaufstiegs der Sonne war es ein Fest, welches den Sieg des Lichtes über den Tod verkörperte. Während des Julfestes und der zwölf heiligen Nächte verwendete man besonders gerne immergrüne Bäume, wie z.B. die Fichte, als Symbole der Wiedergeburt. Auch das christliche Weihnachtsfest symbolisiert den Beginn neuen Lebens. So vermischten sich später christliche Lichtfeiern mit den alten Kulten. Das Schmücken des Weihnachtsbaumes ist eine Erinnerung an die Opfergaben, welche zur Wintersonnenwende rituell  dargebracht wurden.

Neben ihrer kultischen Bedeutung, spielte die Fichte schon immer eine große Rolle als Heilpflanze. Es hieß, die Fichte sei in der Lage, Krankheiten der Menschen zu übernehmen. Besonders bei Erkrankungen der Atemwege und bei rheumatischen Beschwerden wurde die Fichte gern eingesetzt. Die Möglichkeiten sind dabei sehr vielfältig: vom klassischen Fichtennadel-Tee, über Fichtennadel-Bad, bis hin zur Fichtenharz-Wundsalbe. Es lohnt sich der Fichte näher unter ihr Nadelröckchen zu schauen. Der nächste Weihnachtsbaum landet dann womöglich als Zutat in der Hexenküche ;-)

Synonyme:
  • Gemeine Fichte, Rottanne
  • Abies excelsa, Abies picea, Abies rubra, Picea excelsa, P. vulgaris, Pinus abies
Pflanzenfamilie:
  • Kieferngewächse (Pinaceae)

Anwendungsgebiete: 

Bezeichnung des
Arzneimittels:
Picea aetheroleum
(ätherisches Fichtennadel-Öl)
Piceae turiones recentes
(frische Fichtennadel-Spitzen)
Anwendung:
  • Atemwegsbeschwerden,
    akut & chronisch [1]
  • Rheumatische Beschwerden [1]
  • Neuralgische Beschwerden [1]
  • Atemwegskatarrhe [2]
  • Muskelschmerzen [2]
  • Nervenschmerzen [2]
  • Skorbut*
  • Tuberkulose*
Wirkung:
  • Antibakteriell [1]
  • Antimykotisch**
  • Durchblutungsfördernd (hyperämisierend) [1]
  • Sekretolytisch (fördert die Schleimentfernung aus den oberen Luftwegen) [1]
  • Senkt Stresshormone**
  • Antibakteriell [2]
  • Durchblutungsfördernd (hyperämisierend) [2]
  • Sekretolytisch (fördert die Schleimentfernung aus den oberen Luftwegen) [2]
Inhaltsstoffe:
  • Bornylacetat
  • Limonen
  • Camphen
  • Alpha-Pinen
  • Mono- und Sesquiterpene
  • Ätherisches Öl
  • Flavonoide
  • Chinasäure
  • Wachs
  • Vitamin C (158 mg/ 100g Winternadeln)
Dosierung:
  • Inhalation:
    Einige Tropfen in heißes Wasser
    geben & die Dämpfe einatmen
  • Äußerlich:
    Einige Tropfen einreiben
    (10 - 50%-ig)
  • Innerlich: Mittlere Tagesdosis 5 - 6 g Droge
  • Äußerlich: In Bädern ca. 200 - 300 g Droge für 1 Vollbad
Gegenanzeigen:
  • Asthma bronchiale, Keuchhusten

  • Keine bekannt
Nebenwirkungen:
  • Reizerscheinungen an Haut & Schleimhaut
  • Ggf. können Bronchiospasmen verstärkt werden
  • Keine bekannt
Wechselwirkungen:
  • Keine bekannt
  • Keine bekannt

* Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

Beispiele für Präparate, in denen Fichte vorkommen: 

Äth. Fichtennadel-Öl
  • Retterspitz Wund- und Heilsalbe: Bei kleineren Wunden, Hämorrhoiden, Juckreiz & Brennen im Analbereich, Analfissuren
  • Cor-Vel® Truw Herzsalbe: Bei nervös bedingten Herzbeschwerden
  • Weleda Bronchialbalsam: Bei Atemwegs-Katarrh
Fichtennadel-Spitzen
  • Gastritis-Hevert® Complex: Bei Gastritis (Homöopathische Zubereitung mit Fichte D4)

Interessantes rund um die Fichte:

  • Die Fichte besiedelt etwa 26% der deutschen Waldfläche und ist damit der häufigste Nadelbaum in deutschen Wäldern.
  • Bei den Griechen war die Fichte dem Meeresgott Poseidon gewidmet, weil Fichtenholz gern zum Bau der Schiffsmasten benutzt wurde. Der bei den Seemännern gefürchtete Klabautermann ist eigentlich ein Schutzgeist des Waldes, welcher mit mit dem Fichtenmast auf das Schiff gelangte. Dort rächte er sich für den Raub der Fichte und entführte Seeleute.
  • In der nordasiatischen Mythologie entspricht die Fichte oft dem „Weltenbaum“, ähnlich die Esche Yggdrasil in der Edda.
  • Früher gab man an Lungentuberkulose erkrankten gern die Ziegenmilch von Tieren zu trinken, die Fichtensprossen gefressen hatten.
  • Fichten können bis zu 90 m hoch und bis zu 600 Jahre alt werden. Den Rekord als ältester Baum der Welr hält die so genannte Methusalem-Fichte in der mittelschwedischen Provinz Dalarna, welche auf ein Alter von 9550 Jahren geschätzt wird.
  • Das Holz sehr langsam gewachsener Berglandfichten eignet sich zum Baum hochwertiger Geigen. Viele berühmte Geigen wurden aus Fichtenholz gebaut, u.a. auch Stradivari-Geigen.

Fichte sammeln:

Sammelorte:Nord- und Mitteleuropa (mit Ausnahme der Britischen Inseln und der Iberischen Halbinsel), das kontinentale Asien

  • Frische Standorte mit winterkaltem Kontinental- und Gebirgsklima
Sammelgut/ Sammelzeit:
  • Fichtennadel-Spitzen: Juni - August
  • Maitriebe: März -Mai
  • Harz: Juni - August

Beispiele für eigene Zubereitungen:

Klassischer Fichtennadel-Tee

  • 1 TL klein geschnittene Nadeln mit 150 ml heißem Wasser übergießen und 7 Minuten zugedeckt ziehen lassen; abgießen, mit Honig süßen und 2-3x tgl. je eine Tasse trinken

Klassisches Fichtennadel-Bad

  • 200 g Nadeln auf 1 Liter Wasser kurz kochen lassen und 5 Minuten zugedeckt leise köcheln lassen; abseihen und als Zusatz für 1 Vollbad verwenden

Klassischer Rheuma-Spiritus

  • Ein Glas zu einem ¼ mit zerkleinerten Fichtennadeln auffüllen und mit soweit mit 40%igem Alkohol übergießen, bis das Gefäß zu ¾ voll ist; Glas verschließen und 3 Wochen an einem warmen Ort ausziehen lassen, dann abfiltern und in einem dunklen Glas aufbewahren.

Anwendung: Mehrmals täglich den Rheuma-Spiritus auf der zu behandelnden  Stelle verreiben und einziehen lassen

Klassisches Fichtennadel-Öl

  • Auf 100 ml Oliven- oder Mandelöl gibt man 20 Tropfen ätherisches Fichtennadelöl und vermischt beide Komponenten gut

Ätherisches Fichtennadelöl zur Stärkung der Abwehrkräfte

  • 2 Tropfen äth. Fichtennadel-Öl in 2 TL flüssigem Honig verrühren und direkt einnehmen

Klassische Fichtenharz-Wundsalbe (Pechsalbe)

Zutaten:
  • 80 g Olivenöl
  • 20 g Bienenwachs
  • 30 g Fichtenharz
  • 2 Kohlenkompretten
Zubereitung:
  1. Olivenöl auf ca. 60°C erwärmen und das Fichtenharz
    dazu geben
  2. Mischung mit einem Holzlöffel umrühren, bis sich
    das Harz auflöst hat
  3. Bienenwachs zum Mischung geben und
    unter ständigen Umrühren auflösen
  4. Kohlenkompretten im Mörser zerkleinern,
    in die Mischung geben und gut unterrühren
  5. In Behälter gießen, abkühlen lassen
    dann verschließen (hält mind. 2 Jahre)

Anwendung bei:
  • Muskel- und Nervenschmerzen
  • Splitter unter der Haut (als Zugsalbe)

Fichte in der Küche

Maitrieb
Bild: © Hetizia – Fotolia.com

Die jungen Triebe und Nadeln der Fichte wurden gern als Küchenzutat und Gewürz eingesetzt. Ein gutes Beispiel ist der klassische „Fichtennadel-Honig“. Hier ein Rezept:

Fichtennadel-Honig (Maiwipferlhonig)

Zutaten:
  • 500 g Maitriebe von der Fichte
  • 500 ml Wasser
  • 500 g Zucker


Zubereitung:
  1. Maitriebe waschen, zerkleinern und in einen Topf geben
  2. Wasser dazu geben (Maitribe sollten vom Wasser bedeckt sein, d.h. ggf. noch etwas mehr Wasser dazu geben)
  3. Maitriebe kurz aufkochen und dann 2 Stunden bei geringer Temperatur ziehen lassen (Die Flüssigkeit soll nicht heißer als 50 Grad sein.)
  4. Ansatz vom Herd nehmen und über Nacht auskühlen lassen
  5. Am nächsten Tag die Nadeln herausfiltern und die Flüssigkeit auffangen
  6. Fichtennadel-Sud abmessen und die selbe Menge Zucker dazu geben
  7. Gezuckerten Sud 1x aufkochen und 2 Stunden bei maximal 50°C auf dem Herd ziehen lassen
  8. Sud über Nacht ziehen lassen
  9. Sud am nächsten Tag noch 1x aufkochen und in sterilisierte Gläser abfüllen

 

[1] Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 21.8.1985., Heftnummer: 154., ATC-Code: R07AX. Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
buecher.heilpflanzen-welt.de/BGA-Kommission-E-Monographien/piceae-aetheroleum-fichtennadeloel.htm

[2] Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 15.10.1987., Heftnummer: 193., ATC-Code: R07AX. Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
buecher.heilpflanzen-welt.de/BGA-Kommission-E-Monographien/piceae-turiones-recentes-frische-fichtenspitzen.htm

 

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Zweiter Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
  • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007
  • Steflitsch, Michaela; Steflitsch, Wolfgang: Aromatherapie – Wissenschaft – Klinik – Praxis, Springer-Verlag Wien 2007M

Internetseiten:

  • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/picea.html
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeine_Fichte

 

Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

Atlaspraxis Flick – Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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