Johanniskraut (Hypericum perforatum)

Johanniskraut
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Johanniskraut wurde bereits vor 2000 Jahren in den Werken von Plinius und Dioskurides als Mittel gegen somatische und psychische Leiden erwähnt. Da die Blüten das Johanniskraut wie kleine Sonnen aussehen, spielten sie auch für die Germanen eine große Rolle. Sie sahen im roten blutähnlichen Saft des Johanniskrauts das Blut Baldurs, dem Gott des Lichts und in den Blüten die eingefangene Kraft der Sonne zur Sommersonnenwende. Die Bedeutung von Johanniskraut verlor sich auch mit der Christianisierung nicht. Die Sonnwendzeit und ihre Pflanzen wurden Johannes dem Täufer geweiht. Da Johanniskraut um Johanni (24. 06.) zu blühen beginnt, erhielt es auch seinen heutigen Namen.

Synonyme:
  • Herrgottsblut, Hexenkraut, Jageteufel, Johannisblut, Konradskraut, Mannskraft, Tüpfel-Hartheu
  • Hypericum officinarum, H. officinale, H. vulgare
Pflanzenfamilie:
  • Hypericaceae (Johanniskrautgewächse)
Bezeichnung des Arzneimittels:
  • Hyperici herba (Johanniskraut)
  • Hyperici flos recens (Johanniskrautblüten)
Anwendungsgebiete: Innerlich
  • Angst/ nervöse Unruhe [1]
  • Bronchitis*
  • Depressive Verstimmungen
    [1] [3] [6] [7]
  • Diarrhöe (Durchfall)*
  • Dyspeptische Beschwerden [1]
  • Gallenblasenerkrankungen*
  • Gastritis*
  • PMS [2]
  • Psychovegetative Störungen [1] [2] [6] [7]
  • Würmer*
Äußerlich
  • Dekubitis, Prophylaxe [4]
  • Gicht*
  • Myalgien, Behandlung & Nachbehandlung [1]
  • Rheuma*
  • Scharfe und stumpfe Verletzungen, Behandlung und Nachbehandlung [1]
  • Verbrennungen 1. Grades [1]
Wirkungen:Innerlich
  • Angstlösend
    (anxiolytisch) [7]
  • Antidepressiv, mild
    [1] [6] [7]
  • Beruhigend, mild (sedierend [7]
  • Stimmungsaufhellend [7]
  • Zusammenziehend (adstringierend)**
Äußerlich
  • Antibakteriell**
  • Antimykotisch**
  • Antiviral**
  • Entzündungshemmend (antiphlogistisch) [1]
  • Schmerzstillend, lokal [4]
  • Wundheilungsfördernd [4]
Inhaltsstoffe:
  • 0,1-0,3% Hypericine
  • 2-4% Phloroglucinderivat  zum Bsp. Hyperforin(1
  • Flavonoide (Biapigenin, Amentoflavon)
  • 6-15% Gerbstoffe (Catechin-Typ)
  • 0,05-0,3% äth. Öl
 (1 Wissenschaftlich ist nachgewiesen, dass Hyperforin die epidermalen Langhans-Zellen hemmt, die immunologisch aktiv sind. Bei Neurodermitis-Patienten hemmt Hyperforin die Ausbreitung multiresistenter Staphylococcus-aureus-Stämme auf der Haut.
Dosierung:
  • Innere Anwendung 2-4 g Droge oder 0,2-1,0 mg Gesamthypericin in anderen Darreichungsformen
  • Bei diagnostizierten Depressionen tgl. 900 mg Gesamtextrakt pro Tag
  • Bei leichten depressiven Verstimmungen 300-600 mg Trockenextrakt pro Tag
! Die Einnahme muss hoch und lang genug erfolgen. Wirkeintritt erfolgt ca. nach 8 Tagen.
Gegenanzeigen:
  • Nicht zur Behandlung schwerer depressiver Episoden
  • Nicht bei gleichzeitiger Behandlung mit Antikoagulantien vom Cumarintyp, HIV-Protease Inhibitoren (wie z. B. Indinavir) und Immunsuppressiva wie Cyclosporin
Nebenwirkungen:
  • Fotosensibilisierung ist möglich, besonders bei hellhäutigen Personen
Wechselwirkungen:
    Ab Tagesdosis von 900 mg möglich mit:
  • Pille (Kontrazeptiva): "Johanniskraut schwächt orale Kontrazeption"
  • Arzneimittel zur Unterdrückung von Abstoßreaktionen gegenüber Transplantaten
  • Arzneimittel zur Behandlung von HIV-Infektionen oder AIDS
  • Zytostatika
  • Arzneimittel zur Hemmung der Blutgerinnung

* Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

Man nimmt an, dass die antidepressive Wirkung von Johanniskraut auf einer Beeinflussung der Neurotransmitterkonzentration an bestimmten, für Depressionen verantwortliche Regionen des synaptischen Spalt beruht. Die Erhöhung der Serotonin und Noradrenalin-Konzentration im synaptischen Spalt soll auf einer Hemmung der neuronalen Serotonin- und Noradrenalinaufnahme, der Hemmung der Monoaminooxidase-A (MAO-A) und einer Hemmung präsynaptischer α2-Rezeptoren beruhen. Vor allem das im Johanniskraut enthaltene Hyperforin soll dabei von Bedeutung sein. Interessanterweise wirkt Hyperforin aber am besten im Verbund mit den anderen im Johanniskraut enthaltenen Stoffen. Versuche Hyperforin als Einzelwirkstoff zu verabreichen waren wenig erfolgreich.

Ayurvedische Eigenschaften

GrundeigenschaftenSchwer
GeschmackBitter und herb
Energetische WirkungErhitzend
Wirkung auf DoshasV- P- K+ Die Verdauungswirkung ist scharf.

Beispiele für Präparate, in denen Johanniskraut vorkommt: 

Phytotherapie innerlich:
  • Cesradyston Gegen leichte depressive Verstimmungen
  • Remifemin Bei klimakt. Beschwerden und depressiven Verstimmungszuständen...
  • Johanniskraut Rotöl von Jukunda Zur Stärkung des Magens, Besserung des Befindens bei nervlicher Belastung
Phytotherapie äußerlich:
  • Johanniskraut Rotöl von Jukunda Zur Unterstützung der Hautfunktion
Homöopathie
  • Traumeel S Tabletten Gegen Stumpfe Verletzungen und Traumata
  • Hypericum Steierl Potenzakkord Bei Verstimmungszuständen
  • Nervoregin H Bei nervös bedingten Erschöpfungszuständen
  • Hypericum Bei Nervenschmerzen infolge von Verletzungen angewendet.

Beispiele für eigene Anwendungen:

Oil
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Rötöl gegen Verspannungen, Muskel- und Nervenschmerzen:

Um Rotöl selbst herzustellen, braucht man frische Johanniskraut-Blüten. Diese sollten bei Sonnenschein und um den 24.06. gepflückt werden. Zu dieser Zeit steht das Johanniskraut meist in voller Blüte. Daher hat es auch seinen Namen, denn der 24.06. (Johannistag) ist der Geburtstag Johannes des Täufers.

Dieser Tag steht auch in enger Verbindung zur am 21. Juni stattfindenden Sommersonnenwende. Die Johannisnacht ist die Nacht auf den Johannistag, vom 23. auf den 24. Juni. Hier eine Anleitung, um Rotöl selbst herzustellen…

Zutaten:
  • Ca. 250 g frische Johanniskraut-Blüten
  • 500 ml hochwertiges Olivenöl
  • 1 großes Glas

Zubereitung:
  1. Johanniskrautblüten (frisch und ungewaschen) in
    das große Glas geben
  2. Olivenöl über die Blüten gießen, bis diese bedeckt sind
  3. Glas mit der Johanniskrautblüten-Olivenöl-Mischen etwa 6 Wochen lang geschlossen an einem hellen, warmen Ort
    ziehen lassen (Fensterbank) ziehen lassen
  4. Nach Ablauf der 6 Wochen Blüten aus dem Öl abfiltern
  5. Fertiges Rotöl in kleine Fläschchen (Braun- oder Violettglas) abfüllen
  6. Fertige Fläschchen dunkel und trocken lagern
  7. Rotöl ist ca. 1 Jahr haltbar

Äußerliche Anwendung bei:
  • Fibromyalgie
  • Myalgien
  • Nervenschmerzen
  • Neurodermitis
  • Scharfe und stumpfe Verletzungen, Behandlung und Nachbehandlung
  • Rheuma
  • Sonnenbrand
  • Verbrennungen 1. Grades
  • Verspannungen
  • Wundheilung
Tee oder Kaffee
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Klassischer Johanniskraut-Tee (Grundrezept)

  • 1-2 TL Droge mit 150 ml kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen; 2x tgl. 1-2 Tassen trinken

Salz-Sole-Johanniskraut-Auflage gegen Nackenverspannungen.

Zutaten:Anwendung:
  1. Sole aufkochen, über Johannis- & Gänsefingerkraut
    gießen; 10 Minuten ziehen lassen
  2. Kräuter absieben
  3. Soli-Öl in die Sole geben
  4. Gästehandtuch in der Kräuter-Sole einweichen,
    auswringen und auf die Verspannungen legen
  5. Die 2 größeren Handtücher darüber legen
  6. Wärmflasche auflegen und alles mit der Wolldecke zudecken
  7. Wirken lassen, bis die Auflage abgekühlt ist

Klassische Johanniskraut-Tinktur [5]

Zutaten:
  • Frische Johanniskraut
  • Ein Glas mit mind. 0,5 Liter Fassungsvermögen
  • Alkohol (50%)
Einnahme
  • 3 x täglich 10 Tropfen einnehmen
Zubereitung:
  1. Frisch zerkleinertem Johanniskraut locker in
    das Glas schichten (ca. 2/3 voll)
  2. Im Verhältnis 1:5 mit dem Alkohol auffüllen
  3. Glas verschließen und ca. 14 Tage auf der
    Fensterbank stehen lassen (nicht zu sonnig)
  4. Glas innerhalb der Zeit immer mal schütteln
  5. Nach 14 Tagen Johanniskraut herausfiltern
    (In einem Tuch auffangen und ordentlich auspressen)
  6. Fertige Tinktur in dunkle Fläschchen
    abfüllen und diese kühl stellen

 

[1] Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 5.12.1984., Heftnummer: 228., ATC-Code: N06AJ. Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
buecher.heilpflanzen-welt/BGA-Kommission-E-Monographien/hyperici-herba-johanniskraut.htm

[2] Johanniskraut die physischen und psychischen Symptome von PMS deutlich lindern. Canning S, Waterman M, Orsi N, Ayres J, Simpson N, Dye L.: The efficacy of Hypericum perforatum (St John’s wort) for the treatment of premenstrual syndrome: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial.; CNS Drugs. 2010 Mar;24(3):207-25. doi: 10.2165/11530120-000000000-00000. [PubMed]

[3] Ng QX, Venkatanarayanan N, Ho CY.: Clinical use of Hypericum perforatum (St John’s wort) in depression: A meta-analysis.; J Affect Disord. 2017 Jan 3;210:211-221. doi: 10.1016/j.jad.2016.12.048. [PubMed]

[4] Der ölige Extrakt von Johanniskraut zeigt eine signifikante Wirksamkeit bei der Behandlung von Dekubitus. Yücel A, Kan Y, Yesilada E, Akın O.: Effect of St.John’s wort (Hypericum perforatum) oily extract for the care and treatment of pressure sores; a case report.; J Ethnopharmacol. 2017 Jan 20;196:236-241. doi: 10.1016/j.jep.2016.12.030. Epub 2016 Dec 21. [PubMed]

[5] European Medicines Agency, 2009: Assessement report on Hypericum perforatum L. herba.; Committee on herbal medicinal products (HMPC)

[6] Linde K, Berner MM, Kriston L.: St John’s wort for major depression.; Cochrane Database Syst Rev. 2008 Oct 8;(4):CD000448. doi: 10.1002/14651858.CD000448.pub3. [PubMed]

[7] Kenneth M. Klemow, Andrew Bartlow, Justin Crawford, Neil Kocher, Jay Shah, and Michael Ritsick: Medical Attributes of St. John’s Wort (Hypericum perforatum); Herbal Medicine: Biomolecular and Clinical Aspects. 2nd edition. [NCBI free article]

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Erster Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
  • H.-H. Rhyner, B. Frohn: Heilpflanzen im Ayurveda, AT Verlag, Baden und München 2006
  • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007
  • Weihofen, J.: Himalaya-Kristallsalz – Essenz des Urmeeres; Verlag Sanoform 2003

Internetseiten:

  • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/hypericum.html
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Echtes_Johanniskraut
  • www.awl.ch/heilpflanzen/hypericum_perforatum/johanniskraut.htm

 

Heilpraktikerin Anja Alijah Flick:

Atlaspraxis Flick – Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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