Rhabarber, Medizinal- (Rheum officinale & R. palmatum)

Rhabarber kennt wohl jeder. Kaum ein Bauerngarten, in dem er nicht wächst. Bei dem bekannten Gewächs handelt es sich aber in der Regel um den Gemüse-Rhabarber (Rheum rhabarbarum). Bei Gemüse-Rhabarber werden die fleischigen Blattstiele verwendet und gern zu Kompott verarbeitet.

Bei dem hier beschriebenen Rhabarber handelt es sich um die „Medizinal-Variante“! Obwohl Gemüse- und Medizinal-Rhabarber eng miteinander verwand sind, unterscheiden Sie sich in ihrer Heilwirkung deutlich von einander. Bei Medizinal-Rhabarber verwendet man die Wurzel seit mehr als 5.000 Jahren erfolgreich als Heilpflanze. Er wird wegen seiner abführenden Wirkung gern bei Verstopfung eingesetzt. Auch in der chinesischen, tibetanischen und ayurvedischen Medizin hat Medizinalrhabarber einen hohen Stellenwert, weil er regulierend und harmonisierend auf den Stoffwechsel wirkt. Aber er kann mehr! Auf emotionaler Ebenen schafft Rhabarber einen Ausgleich zwischen Festhalten und Loslassen. Bei und nach starken emotionalen Zuständen kann eine Prise Rhabarber zu einem kühlen Kopf verhelfen. 

Synonyme:
  1. Rheum officinale:, Chinesischer Rhabarber, Kanton-Rhabarber, Medizinalrhabarber, Ostindischer Rhabarber, Südchinesischer Rhabarber, Türkischer Rhabarber
  2. Rheum palmatum: Hartlappiger Rhabarber, Kronrhabarber, Tangutischer Rhabarber
Englischer Pflanzenname:
  • Rhubarb
Chinesischer Pflanzenname:
  • Rheum officinale: Da Huang
Pflanzenfamilie:
  • Knöterichgewächse (Polygonaceae)
Bezeichnung des Arzneimittels:
  • Rhei radix (Rhabarberwurzel)
Anwendungsgebiete:
  • Analfissuren*
  • Erdung (mangelnde Bodenhaftung)*
  • Hämorrhoiden*
  • Verlustangst*
  • Verstopfungen sowie Erkrankungen, bei denen eine leichte Darmentleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist [1] [4]
  • Wut, unterdrückte*
Wirkungen:
  • Antibakteriell [5]
  • Durchfallhemmend bei Dosis zwischen 0,1 bis 0,3 g
  • Krebszellhemmend (antiproliferativ) u.a. bei
    • Brustkrebs (MCF-7) [2]
    • Lungenkrebs (A549) [2]
  • Laxierend (abführend) ab Dosis von 1 g  ¹
    [4]
  • Lungenstärkend [3]
    ¹ Der Wirkungsmechanismus besteht vermutlich in einer Beeinflussung der Motilität des Dickdarms mit einer Stimulierung der Kontraktionen, die für den Transport des Darminhalts verantwortlich sind. Dies hat eine beschleunigte Darmpassage zur Folge, was zu der oben genannten Verminderung der Flüssigkeits- und Natriumionenresorption führt. In der Gegenrichtung werden durch Stimulierung des aktiven Transportmechanismus Chloridionen und als Folge dessen Wasser und andere Elektrolyte in den Darm abgegeben.
Inhaltsstoffe:
  • Anthranoide (3 - 12 %), u.a.  glykosidierte Anthrachinone, Anthrone, Homo- und Heterodianthrone
  • Gallotannine
  • Phenylbutanone
  • Flavonoide
  • Chromone
Dosierung:
  • 20-30 mg Hydroxyanthracenderivate pro Tag bzw.
  • Einzeldosis der Droge bei Verstopfung beträgt 1-2 g
  • Einzeldosis der Droge bei Durchfall beträgt 0,1 - 0,3 g
Gegenanzeigen:
  • Schwangerschaft
  • Stillzeit
  • Kinder unter 12 Jahren
  • Vorliegen eines Darmverschlusses
  • Akut-entzündlichen Erkrankungen des Darmes
Nebenwirkungen:In Einzelfällen können krampfartige Magen-Darm-Beschwerden auftreten. In diesen Fällen ist eine Reduktion der Dosis erforderlich. Bei chronischem Gebrauch/Missbrauch kommt es zu Elektrolytverlusten, insbesondere Kaliumverluste, Albuminurie und Hämaturie, einer Pigmenteinlagerung in die Darmschleimhaut (Pseudomelanosis coli). Die Pigmenteinlagerung gilt als harmlos und bildet sich nach Absetzen der Droge in der Regel zurück. Infolge der Kaliumverluste kann zu Störungen der Herzfunktion und zu Muskelschwäche kommen, was insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von herzwirksamen Glykosiden, Diuretika und Nebennierenrindenhormonen (Cortison und andere Corticosteroide sowie Mineralocorticoide) der Fall ist.
Wechselwirkungen:Bei chronischem Gebrauch/Missbrauch wird durch den dadurch verursachten Kaliummangel die Wirkung von herzwirksamen Glykosiden verstärkt. Weiterhin ist eine Beeinflussung der Wirkung von Antiarrhythmika möglich. Durch Kombination mit Thiaziddiuretika, Nebennierenrindensteroiden und Süßholzwurzel können die Kaliumverluste verstärkt werden.
    Für Rhabarber/-zubereitungen wurde eine Wirkung wissenschaftlich bisher erwiesen gegen:
  • Helicobacter pylori [5]

Beispiele für Präparate, in denen Rhabarber vorkommen:

  • Sonnenhell-Seelizin Rhabarberpulver

Rhabarber selber sammeln: 

Sammelorte:
  • Rheum officinale: Südostchina, Burma, Kulturen in China und tw. Mitteleuropa
  • Rheum palmatum: Gebirge Nordosttibets und Nordwestchinas, Kulturen bes. in China und Rußland
Sammelgut/ Sammelzeit:
  • Wurzel: September - Oktober

Interessantes rund um den Medizinal-Rhabarber

  • In der chinesischen, tibetanischen und ayurvedischen Medizin hat Medizinalrhabarber einen hohen Stellenwert, denn er wirkt regulierend und harmonisierend auf den Stoffwechsel. Sein Farbspektrum umfasst ein spezielles Grün mit dunklem Blau und etwas Gelb. Diese Kombination bringt Bewegung in den Darm.
  • Bei und nach starken emotionalen Zuständen kann eine Prise Rhabarber zu einem kühlen Kopf verhelfen!

Beispiele für eigene Zubereitungen:

Tee oder Kaffee
Bild: © Kanea – Fotolia.com

Klassischer Rhabarber-Tee 

  • 1 TL der Droge mit 250 ml heißem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen; abseihen und abends 2 Tassen trinken

Der Tee schmeckt säuerlich-bitter und ist kein wirklicher Genusstee. Um den Geschmack etwas aufzubessern, können Fenchel, Kardamom, Ingwer oder Pfefferminze zugegeben werden.

Anwendung bei:

  • Analfissuren
  • Hämorrhoiden
  • Verstopfung
Florasole
Bild: © Schlierner – Fotolia.com

Klassische Rhabarber-Tinktur 

Zubereitung:
  1. Frische Rhabarberwurzel zerkleinern
  2. In ein verschließbares Gefäß geben und
    im Verhältnis 1:1 mit 70%igem Alkohol
    auffüllen Ansatz 4 Wochen ziehen lassen
    (ab und an schütteln)
  3. Abseihen und die fertige Tinktur in
    dunkle Fläschchen abfüllen

Einnahme:
  • Bei Verstopfung: 15 bis 25 Tropfen
    in etwas Wasser einnehmen
    (Ersatzweise für den Tee oder wenn
    man unterwegs ist und sich den Tee
    selbst nicht zubereiten kann)
  • Bei Magen-Darm-Katarrh: 2 - 3 
    Tropfen in etwas Wasser einnehmen

Rhabarber für die Seele

Bei und nach starken emotionalen Zuständen kann eine Prise Rhabarber zu einem kühlen Kopf verhelfen. Dieser Einsatz geht auf Jacob Lorber zurück, einen österreichischen Mystiker, der sich u.a. an Jakob Böhme und Emanuel Swedenborg orientierte.

Jacob Lorber empfahl Rhabarber-Pulver bei:

  • Emotionalen Spannungszuständen
  • Emotionaler Reinigung
  • Emotionaler „Taubheit“, die sich auch in einem gestörten Körpergefühl äußern kann
  • Nervenstärkung
  • Zu stark ausgeprägtem cholerischem Temperament

Wer für diesen „Seelen“-Einsatz Rhabarber-Pulver erwerben möchte, kann es hier bestellen. 

 

[1] Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 21.7.1993., Heftnummer: 133., ATC-Code: A06AB. Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
buecher.heilpflanzen-welt.de/BGA-Kommission-E-Monographien/rhei-radix-rhabarberwurzel.htm

[2] Die Studie deutet darauf hin, dass der Wasserextrakt von Rheum officinale eine potentielle Antikrebsaktivität durch Wachstumshemmung und Apoptose auf MCF-7- und A549-Zelllinien ausübt. Li WY, Chan SW, Guo DJ, Chung MK, Leung TY, Yu PH: Water extract of Rheum officinale Baill. induces apoptosis in human lung adenocarcinoma A549 and human breast cancer MCF-7 cell lines.; J Ethnopharmacol. 2009 Jul 15;124(2):251-6. doi: 10.1016/j.jep.2009.04.030. Epub 2009 May 3.

[3] Strahleninduzierte Lungen-Toxizität (RILT) ist die wichtigste nachteilige Wirkung in der Strahlentherapie von Lungenkrebs. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Rhabarber-Extrakt RILT signifikant dämpft und die Lungenfunktion signifikant verbessert, vermutlich durch die Verringerung des Gehalts an TGF-beta1 und IL-6. Yu HM, Liu YF, Cheng YF, Hu LK, Hou M: Effects of rhubarb extract on radiation induced lung toxicity via decreasing transforming growth factor-beta-1 and interleukin-6 in lung cancer patients treated with radiotherapy.Lung Cancer. 2008 Feb;59(2):219-26. Epub 2007 Sep 17.

[4] European Medicines Agency (2008): Assessment report for Rhubarb (Rhei radix).

[5] Der Wasserextrakt von Rheum palmatum wirkte in vitro stark wachstumshemmend auf Helicobacter pylori bei einer Dosierung von 1 mg / ml. Bae EA et al: Anti-Helicobacter pylori activity of herbal medicines.; Biol Pharm Bull 1998; 21: 990-2

 

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Zweiter Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
  • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007

Internetseiten:

  • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus//rheum.html
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Rheum_palmatum
  • https://en.wikipedia.org/wiki/Rheum_officinale
  • www.awl.ch/heilpflanzen/rheum_palmatum/medizinalrhabarber.htm

 

Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

Atlaspraxis Flick – Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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