Sanikel (Sanicula europaea)

Nur noch wenigen wird der Sanikel als Heilpflanze bekannt sein. Sein Erscheinungsbild ist recht unspektakulär, aber die Pflanze spielte für die europäische Urbevölkerung eine sehr große Rolle. Erkennbar ist dies an seinen Namensgebungen, wie Heil aller Schäden, Bruchkraut, Wundsanikel oder seinem lateinischen Namen „sanicula“, was „die kleine Heilerin“ bedeutet.
Der Geschmack der Pflanze erinnert an bittere Petersilie und lässt keinen Zweifel an der starken Heilkraft aufkommen. Diese soll besonders gut auf verletzte und „marode“ Knochen wirken, sprich bei Brüchen und Osteoporose.
Neuere Studien haben eine virustatische Wirkung auf das Parainfluenza-Virus und eine antivirale Wirkung bei Influenza A nachgewiesen. Daneben konnten entzündungshemmende Wirkungen bestätigt werden.

Synonyme:
  • Bruchkraut, Heil aller Schäden, Heildolde, Sangel, Saunickel, Saunigel, Schärnikel, Walklette, Wald-Sanikel, Wundsanikel, Zaniggeli
  • Astrantia diapensia, Caucalis capitata, C. sanicula, Sanicula officinalis, Sanicula officinarum, Sanicula trilobata, Sanicula vulgaris
Englischer Pflanzenname:
  • Sanicle, wood sanicle
Pflanzenfamilie:
  • Doldenblütler (Apiaceae)
Bezeichnung des
Arzneimittels:
  • Saniculae herba
    (Sanikelkraut)
  • Saniculae radix
    (Sanikelwurzel)
Anwendung:
  • Katarrhe der Luftwege [1]
  • Knochenbrüche*
  • Magenbluten*
  • Magenschleimhautentzündung*
  • Osteoporose*
  • Verschleimung*
  • Wunden*
  • Wunden*
Wirkung:
  • Antiviral [4]
  • Auswurffördernd**
  • Entzündungshemmend
    (antiphlogistisch)**
  • Magenstärkend**
  • Schleimhautregenerierend**
  • Virustatisch [2]
  • Zusammenziehen (adstringierend)**
  • Entzündungshemmend
    (antiphlogistisch) [3]
  • Zusammenziehen (adstringierend)**
Inhaltsstoffe:
  • Estersaponine, u.a.
    • A1-Barrigenol
    • R1-Barrigenol
  • Estersäuren, u.a.
    • C5-Säuren, ungesättigte
    • Dimethylacrylsäure
  • Phenolcarbonsäurederivate, u.a.
    • Chlorogensäure (0,60 %)
    • Rosmarinsäure (1,70 %)
  • Aliphatische Säuren, u.a.
    • Malonsäure
  • Flavonoide
  • Saccharose (12,8 %)
  • Allantoin¹
  • Saponine (6-11%)
  • Gerstoffe
  • Bitterstoffe
  • Ätherische Öle
Dosierung:
  • 4 - 6 g Droge
  • 4 - 6 g Droge
Gegenanzeigen:
  • Vorsichtig anwenden bei Menschen, die Blutdrucksenkende Mittel oder Diuretika einnehmen.
Nebenwirkungen:
  • Bei empfindlichen Personen kann es, wenn auch selten, bei Kontakt zu Hautausschlag kommen.
Wechselwirkungen:
  • In der Literatur wird berichtet, dass Sanikel die Wirkung von antifungal, antioxidativ, antiretroviral, antiviral, diuretisch und/ oder blutdrucksenkenden Medikamente verstärken kann.

¹ Ob die Pflanze den Wirkstoff Allantoin enthält, welcher Zellaufbau, -bildung und -regeneration anregt, darüber sind die Angaben sehr widersprüchlich. In einigen russischen Quellen wird die Anwesenheit von Allantoin bestätigt. [5] [6] Auch Foster and Duke (1990) [7] gehen davon aus, dass Sanikel Allantoin enthält. Andere Quellen widersprechen dem. Interessant ist der Umstand, dass die Pflanze in der Ur- und Volksmedizin ein ähnliches Einsatzspektrum hat, wie z.B. Beinwell, der definitiv Allantoin beeinhaltet. Sollte die Pflanze Allantoin enthalten, so ist zu beachten, dass dieser Wirkstoff sehr empfindlich gegen Berührung mit Metallen ist. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Ernte und Verarbeitung von Sanikel daher metallfrei erfolgen, z.B. mit Keramikmessern und in emaillierten Töpfen.

* Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

    Für Sanikel/ -zubereitungen wurde eine Wirkung wissenschaftlich bisher erwiesen gegen:
  • Influenza A [4]
  • Parainfluenza-Virus Typ 2 (HPIV-2) [2]

Beispiele für Präparate in denen Sanikel enthalten ist:

Homöopathie:
  • Argentum N Oligoplex®
  • Millefolium Similiaplex® Mischung

Sanikel sammeln:

Sammelorte:Sanikel komt weltweit vor, außer in den arktischen Gebieten und Australien.

Standorte:
  • Schattige, frischen bis mäßig trockene, meist kalkreiche Standorte, vor allem in Buchen- und Hainbuchenwäldern.
Sammelgut/
Sammelzeit:
Kraut (vor der Blüte)
  • April bis Mai
Wurzel
  • September bis November

Interessantes über Sanikel:

  • Sanikel gilt als Pflanze des heiligen Laurentius, dem Schutzpatron bei Brandverletzungen.

Beispiele für eigene Zubereitungen:

Tee oder Kaffee
Bild: © Kanea – Fotolia.com

Klassischer Sanikel-Tee

  • 1 TL der Droge mit 200 ml kochendem Wasser übergießen und abgedeckt 10 Minuten ziehen lassen; abgießen und mehrmals täglich eine Tasse trinken

Tip:

Klassische Sanikel-Auflage 

  • Frische Sanikel-Blätter im Mörser oder Mixer zerkleinern, auf die zu behandelnden Haustellen legen und ca. 15 Min. einwirken lassen; Anwendung ggf. 3 x täglich wiederholen

Anwendung bei:

  • Bluterguss
  • Prellungen
  • Quetschungen
Bild: © Schlierner – Fotolia

Klassische Sanikel-Tinktur

Zubereitung:
  1. Frisches Sanikelkraut zerkleinern
  2. In ein verschließbares Gefäß geben und
    im Verhältnis 1:5 mit 45%igem Alkohol
    auffüllen
  3. Ansatz 3 Wochen ziehen lassen (ab und an schütteln)
  4. Abseihen und die fertige Tinktur in
    dunkle Fläschchen abfüllen

Einnahme:
  • Bei Bedarf 3 x tgl. 20 Tropfen einnehmen oder mit Wasser als Gurgelmittel benutzen
Anwendung bei:
  • Katarrhe der Luftwege
  • Knochenbrüche*
  • Magenbluten*
  • Magenschleimhautentzündung*
  • Osteoporose*
  • Verschleimung*
  • Wunden*
  • Zahnfleischbluten*

 

[1] Monographie BGA/BfArM (Kommission E): POSITIV Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 24.9.1986., Heftnummer: 177a., ATC-Code: R07AX
buecher.heilpflanzen-welt.de/BGA-Kommission-E-Monographien/saniculae-herba-sanikelkraut.htm

[2] In einer Studie untersuchte man die antivirale Aktivität von Sanikel-Extrakten gegen das humane Parainfluenza-Virus Typ 2 (HPIV-2). Ein aus den Blättern der Pflanze hergestellter Extrakt zeigte eine hemmende Wirkung auf die HPIV-2-Replikation. Leider wurde keine echte antivirale Aktivität nachgewiesen werden. Karagöz A, Arda N, Gören N, Nagata K, Kuru A: Antiviral activity of Sanicula europaea L. extracts on multiplication of human parainfluenza virus type 2.; Phytother Res. 1999 Aug;13(5):436-8.

[3] Für Sanikel-Wurzel konnte bereits 1976 bei einer In-vivo-Untersuchung an Ratten eine Reduktion von Entzündungsreaktionen nach Injektionen mit aus der Pflanze gewonnenen Saponinen bewiesen werden. Die Studie zeigt darüber hinaus in vitro entzündungshemmende Wirkung aufgrund einer verminderten Produktion von IL-8 und E-Selectin nach Stimulation mit TNF-α und LPS. Jacker HJ, Hiller K: The antiexudative effect of saponin-5 from Eryngium planum L. and Sanicular europaea L.; Pharmazie. 1976;31(10):747-8.

[4] Turan K, Nagata K, Kuru A: Antiviral effect of Sanicula europaea L. leaves extract on influenza virus-infected cells.; Biochem Biophys Res Commun. 1996 Aug 5;225(1):22-6.

[5] Растительные ресурсы СССР: Цветковые растения, их химический состав, использование; Семейства Rutaceae – Elaeagnaceae. – Ленинград : Наука, 1988; 357. (Pflanzenressourcen der UdSSR: Blühende Pflanzen, deren chemische Zusammensetzung, die Verwendung von; Familie Rutaceae – Elaeagnaceae. – Leningrad : Nauka, 1988; 357.)

[6] Лікарські рослини: Енциклопедичний довідник / Відп. ред. А.М. Гродзінський. – Київ : Голов. ред. УРЕ, 1990; 544. (Kräuter: Encyclopedic Referenz / Am. Ed. AM Grodzinsky. – Kiew: Kopf. Ed. Ur, 1990; 544.)

[7] Foster, S. and J. A. Duke 1990. A Field Guide to Medicinal Plants. Boston: Houghton Mifflin Company.

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Zweiter Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
  • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007

Internetseiten:

  • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/sanicula.html
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Wald-Sanikel
  • https://en.wikipedia.org/wiki/Sanicula_europaea
  • www.awl.ch/heilpflanzen/sanicula_europaea/sanikel.htm

 

Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

Atlaspraxis Flick Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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