Giftlattich (Lactuca virosa)

Bild: © Cora Müller / Fotolia

Der auch als Wilder Lattich oder Stinksalat bezeichnete Giftlattich ist ein naher Verwandter des Kopfsalats und gehört zur Familie der Korbblütler. Anders als der Kopfsalat kann der Giftlattich jedoch eine enorme Größe von bis zu 2,50 m erreichen. Seine getrockneten Blätter und sein getrockneter Milchsaft werden als stark giftig angesehen. Dennoch fand die Pflanze, welche vermutlich aus dem Mittelmeerraum stammt, im Gepäck römischer Eroberer ihren Weg nach Mitteleuropa. Denn Giftlattich wurde bereits seit dem Altertum zu Heilzwecken eingesetzt und stand wegen seiner beruhigenden, schmerzlindernden und harntreibenden Wirkung hoch im Kurs. Noch im 18. und 19. Jahrhundert wurde Giftlattich als Heilpflanze kultiviert. Der aus der Pflanze gewonnene Milchsaft wurde getrocknet und als so genanntes Lactucarium von Ärzten und Apotheken zur Beruhigung, als Narkotikum und gegen Schmerzen eingesetzt. Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Giftlattich im Deutschen Arzneibuch aufgeführt.

 

Synonyme:
  • Giftsalat, Kompaßpflanze, Lattichopium, LattigLettuce, Stinksalat, Wilder Lattich
  • Lactuca agrestis, Lactuca sylvestris
Englischer Pflanzenname:
  • Common lettuce, wild lettuce, bitter lettuce, lettuce opium, laitue vireuse, german lactucarium, opium lettuce, poisonous lettuce, tall lettuce, great lettuce, rakutu-karyumu-so
Pflanzenfamilie:
  • Korbblütler (Asteraceae)
Bezeichnung des
Arzneimittels:
  • Giftlattich-Blätter
    (Lactucae folium)
  • Giftlattich-Milchsaft
    (Lactucarium germanicum)
Anwendung:
  • Asthma*
  • Dysmenorrhoe*
  • Keuchhusten*
  • Reizhusten*
  • Schlaflosigkeit*
  • Unruhe und Erregbarkeit
    bei Kindern*
  • Entwässerung (bei Gicht)*
  • Schleimhautkatarrhe, chron.*
  • Schmerzen*
  • Schlaflosigkeit*
  • Unruhe*
Wirkung:
  • Berauschend**
  • Beruhigend [1]
  • Schmerzstillend [1]
  • Zentraldämpfend**
  • Antimalaria-Aktivität [2]
  • Berauschend**
  • Beruhigend (sedierend) [1][3]
  • Hustendämpfend [3] [4]
  • Schmerzstillend [1] [3] [4]
  • Zentraldämpfend**
Inhaltsstoffe:
  • Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe
    • Lactucin
    • Lactucopicrin
  • Melampol-Glykosid
    • Lactusid A
  • Triterpene, u.a.
    • Taraxasterol
    • Lactucerol
    • β-Amyrin
  • Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe
    • Lactucin
    • Lactucopicrin
  • Triterpenalkohole
    • Lactucerol)
  • Peroxydase
  • Lactucerin
  • α- und β-Lacticerol (bis 50 %)
  • Kautschuk
  • Mannitol
  • Asparagin
  • Äther. Öl
  • Alkaloid (Atropin-artig), in Spuren)
Dosierung:
  • Keine Dosierung festgelegt
  • 0,30 - 1,00 g (Angabe lt. Rätsch, 1998)
Gegenanzeigen:
  • Keine bekannt
Nebenwirkungen:
  • Überdosierung kann zu Kopfschmerz, Schwindel, Schweißausbrüche,
    Magendruck, Erbrechen, Benommenheit, Pupillenerweiterung, Pulsverminderung, Atembeklemmung, Hautjucken
    und Gangstörungen führen.
  • Bei Einnahme von über einem Gramm Lactucarium können Kopfschmerz, Schwindel und Schweißausbrüche auftreten.
Wechselwirkungen:
  • Nicht zusammen einnehmen mit anderen zentraldämpfenden Substanzen, wie Alkohol, Psychopharmaka (Benzodiazepine) oder Opioiden, da sich die Wirkungen gegenseitig verstärken können und Nebenwirkungen verstärkt werden können.

* Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

Beispiele für Präparate, in denen Giftlattich vorkommt: 

Homöopathie:
  • Ipecacuanha N Oligoplex®, Mischung mit Lactuca virosa Dil. D4: u.a. zur Besserung der Beschwerden bei akuten Atemwegsinfekten
  • DHU Lactuca virosa D 4 u.a. gegen Nervosität, Husten und Verdaungsschwäche
Generell wird Giftlattich/ Lactae virosum in der Homöopathie eingesetzt bei Schlaflosigkeit, hyperaktiven Kindern, Hustenanfällen, sexueller Überreizung, Wassersucht und zur Förderung der Menstruation.

Giftlattich sammeln:

Sammelorte:Vorkommen:
  • Giftlattich wächst natürlich in Süd-, Mittel-, Westeuropa und Osteuropa. Auch von Nordafrika bis Westasien ist er zu finden. In Nordamerika wurde er eingeschleppt.
Standdorte
  • in Trockene, nährstoffreiche Stauden- und Unkrautfluren
Sammelgut/ Sammelzeit:
  • Kraut: Juli - August
  • Milchsaft: Juli - August
Wechselung:Giftlattich kann ggf. mit folgenden Pflanzen verwechselt werden:
  • Gemüse-Gänsedistel (Sonchus oleraceus)
  • Wilde Karde (Dipsacus sylvestris)
  • Stachel-Lattich (Lactuca serriola)

Interessantes rund um den Giftlattich:

  • Fertigarzneimittel, die aus Giftlattich gewonnen wurden, sind gemäß §1 Absatz 1 Nummer 2 der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (AMVerkRV) apothekenpflichtig, denn die Pflanze ist in Anlage 1b der Verordnung gelistet. Eine Verschreibungspflicht liegt lt. Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (AMVV) jedoch nicht vor.

Beispiele für eigene Zubereitungen:

Bild: © Kanea - Fotolia.com
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ACHTUNG! Folgende Angaben dienen der Vollständigkeit dieses Pflanzenportraits und sollen keine Anregung zum Ausprobieren darstellen!

Klassischer Giftlattich-Tee

  • 1 EL der getrockneten Droge in 300 ml Wasser geben, zum kochen bringen und 10-20 Minuten leise köcheln lassen; dann abseihen schluckweise trinken; bei Bedarf 1-3 Tassen täglich

Klassische Giftlattich-Frischsaft-Anwendung 

Frisches Giftlattichkraut man entsaften und den so gewonnenen Saft pur oder mit etwas Wasser vermischt einnehmen. Bisher gibt es keine pharmakologisch gesicherte Dosierungsangabe. Als Richtwert können 10 ml pro Tag genommen werden.

  • Asthma
  • Dysmenorrhoe
  • Keuchhusten
  • Reizhusten
  • Schlaflosigkeit
  • Unruhe und Erregbarkeit
    bei Kindern

Klassisches Lactucarium 

Gewinnung:
  1. Oberen Teile der Pflanze wiederholt anschneiden und den austretenden Milchsaft auffangen. Pro Pflanze kann man mehrere Male Lactucarium gewinnen, indem die Schnitte immer tiefer angesetzt werden.
  2. Aufgefangenen Milchsaft eintrocknen lassen
Gebrauch:
  • Rauchen: Lactucarium sollte nicht direkt verbrannt werden, sondern man legt es auf eine Alufolie und hält ein Feuerzeug darunter. Der Rauch wird durch ein Röhrchen inhaliert.
Anwendung bei: 
  • Erschöpfung
  • Schlaflosigkeit
  • Schmerzen
  • Unruhe

Klassischer Giftlattich-Extrakt

Zubereitung
  1. 100 g getrockneten Giftlattich in 1000 ml Wasser geben
  2. Ansatz unter Umrühren zum Kochen bringen
  3. Sobald das Wasser kocht, Topf von der Herdplatte nehmen
  4. 20 Minuten zugedeckt ziehen lassen
  5. Den Vorgang von kochen und danach 20 Minuten ruhen lassen
    5 x wiederholen
  6. Danach die festen Pflanzenbestandteile herausfiltern
  7. Das Pflanzenmaterial gut ausdrücken (in ein sauberes
    Geschirrtuch eindrehen und dieses ausdrücken)
  8. Die ausgedrückte Flüssigkeit zum Ansatz geben
  9. Topf bei mittlerer Temperatur erneut erhitzen und
    den Ansatz unter Rühren weiter um die Hälfte reduzieren
  10. Flüssigkeit in ein kleineres feuerfestes Gefäß geben
  11. Das Gefäß im Wasserbad erneut erhitzen und die darin
    befindliche Flüssigkeit zum fertiges Extrakt weiter eindicken
    (Der Extrakt ist dunkel und dickflüssig.)
  12. Den dickflüssigen Extrakt auf die Heizung stellen und
    eintrocknen lassen
  13. Übrig bleibt ein brüchiges Harz, welches unangenehm bitter schmeckt
Anwendung:

Max. 3 x tgl. je 0,3 g bei

  • Schlaflosigkeit
  • Schmerzen
  • Unruhe

[1] Eine Studie untersuchte die analgetische und sedative Aktivität in Giftlattich enthaltenem Lactucin und einigen laktucinähnlichen Guaianoliden. Getestet wurde an Mäusen. Die Verbindungen zeigten analgetische Wirkungen in Dosen von 15 und 30 mg / kg, welche mit der von Ibuprofen vergleichbar war! Beim so genannten Tail-Flick-Test war die analgetische Aktivität sogar doppelt so stark wie bei Ibuprofen! Wesołowska A, Nikiforuk A, Michalska K, Kisiel W, Chojnacka-Wójcik E: Analgesic and sedative activities of lactucin and some lactucin-like guaianolides in mice.; J Ethnopharmacol. 2006 Sep 19;107(2):254-8. Epub 2006 Mar 17.

[2] Für aus Wegwarte (C. intybus) isoliertes Lactucin und Lactucopicrin aus konnte in einer Studie Antimalaria-Wirkung nachgewiesen werden. Beide Substanzen kommen auch im Giftlattich vor. Folkloreberichte aus Afghanistan beschrieben die Verwendung von wässrigen Wurzelextrakten von Cichorium intybus (L.) gegen Malaria. Bewiesen wurde die Wirkung gegen den HB3-Klon des Stamms Honduras-1 von Plasmodium falciparum. Bischoff TA, Kelley CJ, Karchesy Y, Laurantos M, Nguyen-Dinh P, Arefi AG: Antimalarial activity of lactucin and lactucopicrin: sesquiterpene lactones isolated from Cichorium intybus L.; J Ethnopharmacol. 2004 Dec;95(2-3):455-7.

[3] Stojakowska A, Malarz J, Kisiel W, Kohlmuenzer S: Callus and hairy root cultures of Lactuca virosa.; Planta medica 1993, 59, 658

[4] Funke I, Siems WE, Schenk R, Melzig MF: Lactuca virosa L. and Lactucarium: A molecular-pharmacological essay of analgesic potency.; Freie Universität Berlin, Institute of Pharmacy Jan 2002

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Erster Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
  • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007
  • Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, AT-Verlag Aarau/ Schweiz 1998

Internetseiten:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Gift-Lattich
  • https://en.wikipedia.org/wiki/Lactuca_virosa

 

Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

Atlaspraxis Flick – Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

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