Rubrechtskraut (Geranium robertianum)

Rubrechtskraut ist eine im Mittelalter sehr häufig verwendete Heilpflanze, die in allen klassischen Kräuterbüchern beschrieben wurde. Man verwendete sie bei Hämaturie, Lithiasis, chronischem Bronchialkatarrh, sowie zur Behandlung von Wunden und Geschwüren. Der Gattungsname Geranium (griechisch geranos = Kranich) wurde bereits bei Dioskurides genutzt und bezieht sich auf die einem Kranich- bzw. Storchenschnabel ähnliche Form der Frucht. Den Namen Rubrechtskraut erhielt die Pflanze, weil der heilige Robert (Rubrecht) den medizinischen Gebrauch der Pflanze gelehrt haben soll.

Synonyme:
  • Bockskraut, Gottesgnadenkraut, Robertskraut, Rotlaufskraut, Stinkender Storchschnabel
  • Geranium foetidum, G. graveolens, G. robertiella robertianum, G. robertianum vulgare, G. rubellum, G. rupertianum
Englischer Pflanzenname:
  • Herb-Robert, Red Robin, Death come quickly, Storksbill, Dove's Foot, Crow's Foot, Robert Geranium
Pflanzenfamilie:
  • Storchschnabelgewächse (Geraniaceae)
Bezeichnung des
Arzneimittels:
  • Geranii Robertiani herba Rubrechtskraut)
Anwendung:
  • Durchfall*
  • Entzündungen der Mundschleimhaut*
  • Magenschleimhautentzündung (verursacht durch Helicobacter pylori) [10]
  • Nieren- und Blasenentzündung*
  • Otitis externa [6]
  • Wunden, schlecht heilende*
Wirkung:
  • Antimikrobiell [3] [4] [5]
  • Antioxidativ [1] [2] [4]
  • Antiviral**
  • Blutungsstillend, lokal (hämostyptisch)**
  • Entzündungshemmend (antiphlogistisch) [7] [8] [9]
  • Enzymhemmend (Urease und α-chymotrypsin) [10]
  • Immunmodulierend**
  • Lymphfluss anregend**
  • Schwermetallbindend**
  • Stoffwechselfördernd**
  • Zusammenziehend (Adstringierend)**
Inhaltsstoffe:
  • Flavonoide, bes. Rutosid, Hyperosid, Isiquercitrin, Quercetin
  • Gerbstoffe (5 - 14 %), u.a. Ellagitannine
  • Citronensäure
  • Apfelsäure
  • Maltol
  • Vitamin C
  • Bitterstoffe (Geraniin)
  • Ätherisches Öl
Dosierung:
  • Keine medizinisch genormte Angabe
Gegenanzeigen:
  • Keine bekannt
Nebenwirkungen:
  • Keine bekannt
Wechselwirkungen:
  • Keine bekannt

* Volks- und Erfahrungsheilkunde
** Die Wirkung erschließt sich aus den Inhaltsstoffen der Pflanze.

Für Rubrechtskraut/ -zubereitungen wurde eine Wirkung wissenschaftlich bisher erwiesen gegen:
  • Aspergillus fumigatus [4]
  • Escherichia coli [4]
  • Pseudomonas aeruginosa [5]
  • Gram (+) Staphylococcus epidermidis [3]
  • Saccharomyces cerevisiae [3]
  • Staphylococcus aureus [4] [5]

Beispiele für Präparate, in denen Rubrechtskraut vorkommt:

  • Keine bekannt

Rubrechtskraut selber sammeln:  

Sammelorte:Europa, Asien und Nordafrika
  • Schattige, stickstoffreiche Standorte
  • Acker-, Wald- und Wegränder
  • Ruderalstandorte
Sammelzeit:
  • April bis September
Sammelgut:
  • Kraut

Interessantes über Rubrechtskraut

  • In älteren Quellen wird dem Rubrechtskraut auch eine schockauflösende Wirkung zugeschrieben!

Beispiele für eigene Zubereitungen:

Tee oder Kaffee
Bild: © Kanea – Fotolia.com

Klassischer Rubrechtskraut-Tee bei Diarrhöe und Hämorrhagien

  • 1 EL Droge mit 200 ml Wasser kalt aufsetzen, zum Sieden erhitzen und 5 Minuten ziehen lassen; abseihen und  2 – 3 Tassen täglich zwischen den Mahlzeiten trinken

JG Teemischung bei nässenden Exanthemen und Ringelflechte

Zutaten:Zubereitung:
  1. 2 EL der Mischung mit 200 ml kaltem Wasser
    zum Kochen bringen
  2. 5 – 10 Minuten ziehen lassen;
    abgießen und auf Körpertemperatur abkühlen lassen
Anwendung:
  • Mehrmals täglich für Waschungen oder
    Umschläge verwenden

Hildegard-Mischung bei Herden im Kopfbereich

Hildegard von Bingen setzen ein Gemisch aus Odermennig, Bockshornklee, Storchenschnabelkraut, Galgant und Schöllkraut erfolgreich bei chronischen Herden in den Nasenneben- und Stirnhöhlen ein. Festsitzender Schleim und chronische Entzündungen können genauso Ausdruck solcher Herde sein, wie Kopfschmerzen und Probleme mit der Halswirbelsäule.

Bewährt hat sich die Einnahme von Odermennig Kautabletten (Jura) über einen Zeitraum von 10 Tagen. Dazu morgens 10 Tabletten gleich morgens im Bett kauen. Nach 10 Tagen 3 x 2 Tabletten einnehmen. Bereits ab dem 3. Tag der Einnahme kann damit gerechnet werden, dass sich die Nebenhöhlen entleeren und ein Fließschnupfen einsetzt.

Hildegard von Bingen beschriebt die Herstellung der Kautabletten wie folgt:

” (Er soll) Odermennig und zweimal soviel Bockshornklee nehmen und in einem Mörser zerstoßen, den Saft ausdrücken und ferner Storchenschnabelkraut zerstoßen und von seinem Saft soviel dem des Odermennigs und des Bockshornklees hinzufügen, wie ein Obulus wiegt. Hierauf nehme er Galgant,…Storax … und Engelsüß …, stoße diese zu Pulver … und forme daraus Pillen von der Größe einer Bohne. Dann presse er Schöllkraut den Saft aus … ,tauche in diesen unter Umwenden eine Pille ein und lege sie an die Sonne … Denn die Wärme des Odermennigs und die Wärme des Galgants, die Kraft des Storax, die Wärme des Engelsüß und die des Schöllkrauts überwinden die kalte Säfte … und die Kälte des Bockshornklees und des Storchenschnabels treibt die Kräfte jener Säfte auseinander. Das Schöllkraut aber macht die Säfte im Menschen überfließen … so das sie leicht aus dem Menschen austreten können.”

Florasole
Bild: © Schlierner – Fotolia.com

Rubrechtskraut-Tinktur

Zubereitung:
  1. Frisches Rubrechtskraut zerkleinern
  2. In ein verschließbares Gefäß geben und
    im Verhältnis 1:5 mit 40%igem Alkohol
    auffüllen Ansatz 3 Wochen ziehen lassen
    (ab und an schütteln)
  3. Abseihen und die fertige Tinktur in
    dunkle Fläschchen abfüllen

Einnahme:
  • Bei Bedarf 2 – 3 x tgl. 10 – 15 Tropfen einnehmen

 

[1] Neagua E, Pauna G, Constantina D, Radub GL:Cytostatic activity of Geranium robertianum L. extracts processed by membrane procedures.; Arabian Journal of Chemistry 09- 2013

[2] Biochemistry, Genetics and Molecular Biology » „Oxidative Stress and Chronic Degenerative Diseases – A Role for Antioxidants“, book edited by José A. Morales-González, Chapter 5: Ávila MB et al „Geranium Species as Antioxidants“; ISBN 978-953-51-1123-8, Published: May 22, 2013

[3] Schelz Z, Molnar J, Hohmann J: Antimicrobial and antiplasmid activities of essential oils.; Fitoterapia. 2006 Jun;77(4):279-85. Epub 2006 May 11.

[4] Radulović NS, Stojković MB, Mitić SS, Randjelović PJ, Ilić IR, Stojanović NM, Stojanović-Radić ZZ.: Exploitation of the antioxidant potential of Geranium macrorrhizum (Geraniaceae): hepatoprotective and antimicrobial activities.; Nat Prod Commun. 2012 Dec;7(12):1609-14.

[5] Schaefer P, Baugh RF: Acute otitis externa: an update.; Am Fam Physician. 2012 Dec 1;86(11):1055-61.

[6] Die wichtigsten Mittel zur Behandlung der akuten externen Otitis (AEO) sind Antibiotika und entzündungshemmende Mittel. Die vorliegende Studie untersuchte die Wirksamkeit einer Kombination von Kräutertropfen (Lamigex) aus ätherischen Ölen aus Syzygium aromaticum, Lavandula angustifolia und Geranium robertianum in der Linderung der AEO-Symptome und verglichen ihre Auswirkungen auf die von Ciprofloxacin 0,3% Tropfen. Die Kombination ätherischer Öle zeigte sich als genauso wirksam wie Ciprofloxacin 0,3%, in Bezug auf antibiotische Effekte, die Linderung von Schmerzen und Symptome im Zusammenhang mit akuten externen Otitis. Panahia Y, Akhavanb A, Sahebkara A, Hosseinia SM, Taghizadehd M, Akbarid H, Sharife MR, Imania S: Investigation of the effectiveness of Syzygium aromaticum, Lavandula angustifolia and Geranium robertianum essential oils in the treatment of acute external otitis: A comparative trial with ciprofloxacin.; Journal of Microbiology, Immunology and Infection Volume 47, Issue 3, June 2014, Pages 211–216

[7] Amaral S, Mira L, Nogueira JM, da Silva AP, Helena Florêncio M: Plant extracts with anti-inflammatory properties–a new approach for characterization of their bioactive compounds and establishment of structure-antioxidant activity relationships.; Bioorg Med Chem. 2009 Mar 1;17(5):1876-83. doi: 10.1016/j.bmc.2009.01.045. Epub 2009 Jan 25.

[8] Piwowarski JP, Granica S, Zwierzyńska M, Stefańska J, Kiss AK: Role of human gut microbiota metabolism in the anti-inflammatory effect of traditionally used ellagitannin-rich plant materials.; Project financially supported by Polish National Science Center grant DEC-2011/03/N/NZ7/01785 and PhD scholarship DEC-2013/08/T/NZ7/00011.

[9] „MitoTea“: Geranium robertianum verringern die Blutzuckerwerte und verbessern die mitochondriale oxidative Phosphorylierung bei diabetischen Goto-Kakizaki-Ratten. Diee Ergebnisse zeigten, dass die orale Verabreichung von G. robertianum Blattdekationen über einen Zeitraum von vier Wochen die Plasmaglukosespiegel bei diabetischen Ratten senkten. Darüber hinaus verbesserte die Behandlung mit G. robertianum die Leber-mitochondrialen Atemparameter und erhöhte die oxidative Phosphorylierungseffizienz. Ferreira FM, Peixoto F, Nunes E, Sena C, Seiça R, Santos MS: „MitoTea“: Geranium robertianum L. decoctions decrease blood glucose levels and improve liver mitochondrial oxidative phosphorylation in diabetic Goto-Kakizaki rats.Acta Biochim Pol. 2010;57(4):399-402. Epub 2010 Nov 1.

[10] Die wässrigen Extrakte von G. robertianum haben eine hemmende Wirkung gegen die Enzyme Urease und α-Chymotrypsin. Somit kann ein Tee aus Rubrechtskraut hemmend wirken auf Krankheitskeime, wie Helicobacter pylori. Diese besitzen Urease, um Ammoniak zu erzeugen, und so im sauren Milieu des Magens überleben zu können. Das Gleiche gilt für die pathologischen Arten der Gattung Proteus, die so den Urogenitaltrakt besiedeln. Paun G, Litescu SC, Neagu E, Tache A, Lucian Radu G: Evaluation of Geranium spp., Helleborus spp. and Hyssopus spp. polyphenolic extracts inhibitory activity against urease and α-chymotrypsin.; J Enzyme Inhib Med Chem. 2014 Feb;29(1):28-34. doi: 10.3109/14756366.2012.749399. Epub 2013 Jan 15.

Recherche-Quellen:

  • Hiller, Karl; Metzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Erster Band, Spektrum Akademischer Verlag; Heidelberg 2003
  • Hänsel, R.; Sticher, O.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, 8. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007

Internetseiten:

  • www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/geranium.html
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Ruprechtskraut
  • www.awl.ch/heilpflanzen/filipendula_ulmaria/maedesuess.htm

 

Anja Alijah Flick (Heilpraktikerin)

Atlaspraxis Flick Blankeneser Bahnhofstraße 11 – 22587 Hamburg 

Cookie Consent mit Real Cookie Banner